Zu Drewes, Jüdischer Adel, S. 342, Anm. 218
Wie konnte Baron Julius Königswarter in Hannover 1903 amtlicherseits als kinderlos bezeichnet werden, obwohl er einen 1890 geborenen Sohn Wilhelm Königswarter hatte? Des Rätsels Lösung: Letzterer war unehelich geboren und wuchs bei seiner früh verstorbenen Mutter Sophia Runne und deren Familie auf. Erst im Alter von 17 kam er zu seinem Vater und beerbte den Chemiefabrikanten nach dessen Tod 1918. Siehe dazu Klaus Sator, Art. »Königswarter, Wilhelm«, in: Bernd-Ulrich Hergemöller (Hg.), Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum, Teilbd. 1, Berlin 2010, S. 673f.
Zu korrigieren ist die dortige Angabe, Sophia Runne sei die »Ehefrau« des Barons gewesen: Verheiratet war Julius Königswarter seit 1885 mit der Schauspielerin Henriette geb. Jonas (Künstlername: Helene Jolanda; gest. nach 1906), wie aus der Akte des Preußischen Heroldsamts zu seiner Titelführung hervorgeht, und 1899 traten beide vom Judentum zum Katholizismus über (diese Angaben laut GStA PK, I. HA, Rep. 176 Heroldsamt, Nr. 4626).
Eine Frage ist noch, ab wann der Sohn den Familiennamen des Vaters trug. Dass seine leibliche Mutter offensichtlich nichtjüdischer Herkunft war, dürfte übrigens erklären, weshalb Wilhelm Königswarter die NS-Zeit in Deutschland überlebte. Freilich stand der spätere SPD-Bundestagsabgeordnete wohl Widerstandskreisen nahe, und er hatte unter den Nazis auf Grund seiner Homosexualität zu leiden.